Ist Kreativität eine Superpower?

JA, VIELLEICHT ... ABER OHNE SCHLAGKRAFT

Wie es war als Kreativer in einer kleinen Stadt aufzuwachsen, wie ich Kreativität lange Zeit wahrnahm und was sich hinter der wissenschaftlichen Definition der von mir deklarierten „Superkraft“, die sich leider jeder auf die Fahne schreiben kann, der gerade Bock hat, verbirgt, kann man hier nachlesen. 

Das Erwachen der Kreativität.
Ich bin in der Kleinstadt Crailsheim aufgewachsen und das hat meine kreative Entwicklung stark eingeschränkt. Viel Fantasie und ausgeprägte Vorstellungskraft bekam ich zwar in die Wiege gelegt, aber ab einem gewissen Punkt fehlte einfach das Angebot, um diese „Kräfte“ weiterzuentwickeln. Ich musste viel Energie investieren, um mein Brennen für das Thema Kreativität zu behalten und individuell auszubauen: autodidaktisch mit viel Neugier und Eigeninitiative.

Mein Vater erkannte schon früh meine Begeisterung für alles Musische und nutzte an Wochenenden jede Gelegenheit, um mir die schönen Künste näherzubringen. Musik, Bastelarbeiten aller Art, Zeichnen usw. Da er Genanntes aber nur hobby-mäßig und stellenweise nur mir zuliebe betrieb, reichten seine Fähigkeiten zwar aus, um mir eine Bandbreite aufzuzeigen und eine gute Basis zu bereiten, aber um mich intensiver zu schulen, fehlte ihm das nötige Know-how.

Ich erinnere mich, wie meine Eltern mich zum Zeichenkurs an der städtischen Volkshochschule angemeldet haben. Dieser fand nicht statt – wegen zu geringer Teilnehmerzahl. Schauspielunterricht hätte mich interessiert, aber Fehlanzeige. Musikschule gab es genau eine. Nachdem mein Schlagzeuglehrer das Weite suchte und nach Freiburg zog, und es mir beim neuen Lehrer keinen Spaß mehr machte, war der Schlagzeugunterricht und somit auch eine Bandkarriere für mich Geschichte – Schade eigentlich – ich als Rockstar. Haha, super.

Das Internet, wie wir es heute kennen, gab es nicht wirklich. Es war nicht so gut zugänglich, geschweige denn mit Inhalten gefüllt und einen Computer hatten damals sowieso die Wenigsten. Fachliteratur zu Kreativthemen waren ebenfalls spärlich und wenn es etwas gab, war es kaum bezahlbar, wie zum Beispiel das wöchentlich neu erscheinende Sammelwerk „Freude am Malen und Zeichnen“ das sich meine Eltern für mich leisteten.


In meinem näheren Umfeld kannte sich auch niemand so recht mit dem Mysterium Kreativität aus, denn ich komme aus einer klassischen Arbeiterfamilie, was mir heute natürlich zugutekommt: „Von nichts, kommt nichts!“ und „Wenn man etwas (erreichen) möchte, muss man dafür arbeiten!“ schwang in jedem erziehenden Gespräch und in jeder bitteren Lektion als Subtext mit und verfolgt mich positiv-motivierend bis heute. Ich fühlte mich durch fehlende MentorInnen aber nicht etwa allein, nein, eher als etwas besonders, weil man einer von wenigen war und deshalb gefühlt eine Art Superpower hatte.

In Crailsheim aufzuwachsen bot aber dafür in vielen anderen Bereichen große Vorzüge: die Natur, draußen aufhalten ohne Risiko, keine Kriminalität, keine Anonymität, sondern ein harmonisches Miteinander mit Nachbarn, ehrliche Werte, Kompaktheit und noch einiges mehr, das in einer großen Stadt nicht immer gegeben ist. Dennoch: eine größere Stadt hätte mir als Kreativer gutgetan. Wäre ich in meiner heutigen Wahlheimat Stuttgart aufgewachsen, hätte ich sicher vielfältigere Möglichkeiten gehabt und ein größeres Angebot an kreativer Bildung wahrnehmen können (... hätte hätte), denn Kreativität wohnt meines Erachtens in großen Städten und seltener im ländlichen Bereich. Um nur ein paar bekannte Beispiele aus Stuttgart zu nennen: Ida Kerkovius (Malerin und Textilkünstlerin), Max Ackermann (Maler und Grafiker), Marcia Haydée (Choreographin und Tänzerin), Rudolf von Laban (Choreograph und Tänzer), Therese von Bacheracht (Schriftstellerin), Eduard Mörike (Lyriker und Dichter), Charlotte Birch-Pfeiffer (Schauspielerin und Dramatikerin), Vicco von Bülow aka. Loriot (Schauspieler) – alle sind entweder geboren und aufgewachsen oder wohnhaft in Stuttgart gewesen.

Mittlerweile ist es wahrscheinlich egal, ob man in einer großen Stadt oder im ländlichen Raum aufwächst bzw. wohnt. Die Bildungsmöglichkeiten für Kreative sind sehr viel besser. Es sind ausreichend Informationsquellen vorhanden, und das auf einer Ebene, die für alle relativ gleich und erreichbar ist: Internetplattformen, Social-Media-Kanäle und vielfältige Onlinekurse schwirren durchs Netz und es sind dahingehend so gut wie keine Grenzen mehr gesetzt – Digitalisierung: Olé!

Raus aus der Schule wählte ich den für mich einzig logischen Beruf, der ein breites und abwechslungsreiches Ausbildungsspektrum bot. In einem Modehaus machte ich eine Ausbildung zum Gestalter für visuelles Marketing, die mir eine gute Grundlage für meinen künftigen Werdegang schaffen sollte. Sowohl meine AusbilderInnen als auch meine BerufsschullehrerInnen waren von der alten Schule und legten viel Wert auf handwerkliches Können (Podeste bauen, tapezieren, Rückwände bespannen, lackieren ...) und detailliertes Fachwissen (über Textilien, Klebstoffe, Drucktechniken, Holzwerkstoffe, Farben/Lacke usw.). Die Zeichentechniken die wir in der Berufsschule lernten, umfassten neben Tusche, Gouache und Aquarell auch das Konstruieren von Schriften. Speziell die Anwendung dieser Zeichenkenntnisse verhalf mir dann 2003 zur Aufnahme am Berufskolleg für Grafik-Design in Stuttgart. Und seither bin ich in der Kreativhauptstadt (jaja, nach Berlin) zuhause – kreativ erfüllt und umgeben von Inspirationsquellen und Einflüssen.

Das Cape der Kreativität – One Size und von der Stange
Ich will mir nicht den Schuh anziehen, zu bestimmen was Kreativität für jeden einzelnen bedeutet, wer kreativ ist und wer nicht. Aber in der Vergangenheit passierte es unterbewusst trotzdem ab und zu. Ich fragte mich, wo Kreativität beginnt und endet, und ob sie wie ein Umhang ist, den jeder in Einheitsgröße erwerben kann. Ich rätselte darüber, ob jede Hausfrau, die im Herbst Figuren aus Tontöpfen bastelt und zu Advent einen Kranz bindet gleich kreativ ist? Darf sie sich so nennen (lassen)? Darf sich den Begriff jeder aneignen? Darf sich jeder das Kreativitäts-Cape umhängen?

Ich fand es nicht gerechtfertigt, dass „kreativ“ so willkürlich benutzt wird – gibt es noch ein anderes Adjektiv, das gleichermaßen herhalten muss? Mir fällt spontan keines ein. Insgeheim betrieb ich Wortklauberei:

Nein Inge, du bist keine „Kreative“ – du kannst häkeln, stricken und beherrscht die Makramee-Knüpftechniken. Du bist fingerfertig und hast ein gutes Gespür für Farbkombinationen.

Nein Hilde, du hast keine „kreative Ader“ – du hast deine Kochkünste über die Jahre vertieft und verfeinert, so dass du Gerichten das gewisse Etwas verleihen und Rezepte pimpen kannst, weil du durch deine Erfahrung weißt, welche Aromen miteinander harmonieren.

Nein Ingo, du bist kein „kreativer Kopf“ – du bist handwerklich begabt und schaffst es vorhandene Materialien für jeden x-beliebigen Zweck zu kombinieren und so zusammenzubasteln, dass du dich meinetwegen den „Meister des Improvisierens“ oder „MacGyver 2.0“ nennen kannst.

Und nein Leute, man ist auch nicht „kreativ im Bett“ man nennt das dann vielleicht eher „einfallsreich im Bett“ oder „man steht auf Abwechslung in der Kiste“.

Im Zuge der Recherche dieses Artikels veränderte sich mein Bild von Kreativität und damit auch meine Fragestellung: Gibt es unterschiedliche Formen der Kreativität? So etwas wie Teilkreativität, Spartenkreativität oder Notkreativität? Und ich fand das:

Kreativität demaskiert
Erst seit Anfang der 2000er Jahre wurde die Standartdefinition für Kreativität festgelegt. Kreativität bezeichnet die Fähigkeit schöpferisch oder gestalterisch tätig zu sein. Das Werk das dabei entsteht, ist neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar. Dabei wird Kreativität keinesfalls exklusiv in Verbindung mit bestimmten Berufen oder Tätigkeitsfeldern gebracht (autsch).

Vielmehr wird zwischen „small c“, der alltäglichen Kreativität und „BIG C“, der  herausragenden Kreativität unterschieden. Die (meist subjektive) „small c creativity“ lässt sich im Alltag öfters beobachten. Gemeint sind damit zum Beispiel Bastelarbeiten oder das Improvisieren während des Kochens. Die „BIG C CREATIVITY“ beschreibt außergewöhnliche und herausragende (meist objektive) Kreativität auf einer innovativen und genialen Ebene. Herausragende Kreativität geht damit mit dem Bruch alter Normen und Vorstellungen einher und fällt deshalb in den Bereich der Genies. Berühmte Beispiele für herausragende Kreativität sind Pablo Picasso (Kubismus) und Albert Einstein (Relativitätstheorie).

Zwischen den beiden Kreativitätsvarianten „small c“ und „BIG C“ gibt es viele Übergänge die sich aus einem Zusammenspiel zwischen Begabung, Können, Wissen, Umgebungsbedingungen sowie Motivation und Persönlichkeitseigenschaften ganz individuell entwickeln. Eine weitere Erläuterung, um „small c“ und „BIG C“ zu verbildlichen, wäre bei „small c creativity“ zum Beispiel eine kreative Person die gestaltet um eigene Emotionen auszudrücken, und bei „BIG C CREATIVITY“ eine Person die gestaltet, um Emotionen in anderen hervorzurufen.

Zudem spricht man ergänzend auch von problemlösender Kreativität, die dazu verhilft Aufgaben auf ungewöhnlichen und improvisierenden Wegen zu lösen, sowie die schöpferische Kreativität, die der Erkundung künftiger Möglichkeiten dient.

Kreativität ist also kein Begriff, den man scharf einsetzen kann. Schade eigentlich, aber ich biete unten im Artikel ein Ersatzwort für all diejenigen an, die sich zwischen „small c“ und „BIG C“ positionieren. Für alle Kreativschaffenden, die täglich mit Kreativität zu tun haben, die problemlösende und schöpferische Kreativität bewusst einsetzen und die sich vielleicht sogar aktuell den Weg zur herausragenden Kreativität bahnen – denn wir haben ein eigenes Wort verdient.

Jetzt geht’s ans eingedachte – der Kampf mit der Ideenfindung
Kreatives Denken kann laut des Buches von Dorte Nielsen und Sarah Thurber auch trainiert und erlernt werden. In „Die Kunst des kreativen Denkens“ zeigen sie durch wissenschaftliche Studien, geschichtliche Hintergründe und mit über 20 Übungen einen Weg, alte Denkmuster zu durchbrechen und kreatives Potenzial auszuschöpfen.

Im Buch geht es unter anderem um assoziatives Denken, was auch Bestandteil meines Berufsalltags ist. Dabei ist auch Beharrlichkeit ein wichtiger Punkt. Man darf nicht zu schnell die Flinte ins Korn werfen und muss mehrere Denkrichtungen verfolgen und die Assoziationen von Mal zu Mal variieren. Nur so entstehen unkonventionelle, originelle und verrückte Ideen, die natürlich nicht alle umsetzbar sind, die einen aber auf kurz oder lang ans Ziel bringen. Auch Analogien, Metaphern, Allegorien und Wortspiele bilden ein gutes Fundament für das kreative Denken.

Kreative Denker beherrschen es flüssig, flexibel und originell zu denken. Sie lassen viele Verbindungen zu und verknüpfen Gedanken, die konventionelle Denker nicht zusammenkriegen würden. Zu konventionellen Denkern schreiben Nielsen und Thurber: „Sie vermeiden mentale Grenzgänge und legen Gedanken systematisch in Schubladen ab. Ihre Gehirne sind eher zugeknöpft, alles bleibt an Ort und Stelle. Ihre Ideen neigen weniger zu Übersprunghandlungen, sondern wahren die Form. Alle Informationen sind akkurat. Konventionelle Denker mögen in ihrem Fachgebiet noch so gut sein – fordert man sie auf, frei zu assoziieren, ausgetretene Pfade zu verlassen und ein Brainstorming zu machen, passiert wenig. Für sie ist Brainstorming die reinste Folter. Sie haben keinen unmittelbaren Zugriff auf neue Kombinationen und Ideen. Ihre Gehirne sind auf diese Art des Denkens nicht vorbereitet. Es unterliegt mehr Zwängen als das des Kreativen Denkers.“

Ich find die Vorstellung so zu denken schrecklich. Das war für mich krass und gleichzeitig interessant zu lesen. Interessehalber habe ich einen Test gemacht. Ich habe unterschiedliche Personen aus meinem Freundeskreis gebeten sich vorzustellen, eine halbgare Superkraft zu besitzen. Zum Beispiel unter Wasser unbegrenzt atmen zu können, wenn die Augen dauerhaft geschlossen sind, oder fliegen zu können, aber nur sehr langsam (laufen wäre schneller), oder unsichtbar werden zu können, aber nicht komplett transparent, sondern nur milchig trüb. Das war sehr interessant und es sind stellenweise tolle Gespräche – hauptsächlich mit kreativen Denkern – herausgekommen. Die konventionellen Denker verhielten sich exakt so wie oben beschrieben. Sie zerpflückten die halbgaren Superkräfte bis ins kleinste Detail und konnten sich trotz genauerer Definitionen derer nicht wirklich darauf einlassen den Gedanken weiterzuspinnen. Was für mich selbstverständlich ist, in Gedanken zu experimentieren und der Fantasie freien Lauf zu lassen, fällt manch anderen alles andere als leicht. Aber wie oben schon erwähnt: kreatives Denken kann man trainieren – ein Lichtblick.

Gabe und Training – nur gemeinsam stark
Über kreative Menschen sagt man, dass sie autonom, offen für neue Erfahrungen, Normen anzweifelnd, selbstbewusst, selbst-akzeptierend, ehrgeizig, dominant, kritisch, wenig verträglich, beharrlich, motiviert, selektiv, spontan, impulsiv und allgemein intelligent sind. Wenn man Kreativität anhand der genannten und je nach Person unterschiedlich stark ausgeprägten, kreativen Verhaltensweisen und Merkmalen bestimmt, beträgt die Erblichkeit von Kreativität ca. 62 %. Die kreativ-geistige Leistungsfähigkeit, also die Skills (zeichnen, gestalten, kreativ denken etc.) sind erlernt und müssen regelmäßig trainiert werden.

Der Flow – ein Special Move der Kreativität
Kreativität heißt auch sich fallen zu lassen und sich auf etwas einzulassen. Im Kreativprozess tritt manchmal ein Bewusstseinszustand der besonderen Art ein. Er ist vergleichbar mit einer Art Trance und nennt sich im Fachjargon „Flow“. Wenn man im „Flow“ ist kann es sogar vorkommen, dass man jegliches Zeitgefühl verliert. Kürzlich gestaltete ich ein Logo für eine Ortsgruppe des DLRGs. Ich begann morgens um 10 Uhr mit der Gestaltung und war so vertieft in die Stadtsilhouette, dass ich erst um 15 Uhr wieder „aufwachte“, weil ich Hunger und Durst bekam.


In „The Brain Book“ von Rita Carter wird der kreative Prozess neurobiologisch wie folgt beschrieben: Unser Gehirn wird ständig mit Reizen bombardiert, von denen wir die meisten ignorieren. Dieses „Ausblenden“ stellt sicher, dass wir die relevantesten Informationen zur Steuerung unserer Gedanken verwenden. Das Öffnen unseres Gehirns für neue Informationen setzt den kreativen Prozess in Gang. Dies geschieht, wenn sich das Gehirn aus der scharfen Aufmerksamkeit, die durch Gamma-Wellen erzeugt wird, in den „Leerlauf“ entspannt, der durch langsame, entspannte Alpha-Wellen gekennzeichnet ist. In diesem Modus treten Reize, die sonst vielleicht ignoriert werden, ins Bewusstsein und schwingen mit Erinnerungen mit wodurch neue Gedanken und Ideen entstehen, die sowohl neuartig als auch nützlich sein können.

Jeder Mensch ist kreativ, aber diejenigen, die ihr Gehirn bei Bedarf in „Leerlauf“ versetzen können, sind eher in der Lage, ihren Geist für neue Möglichkeiten zu öffnen und originelle Ideen zu generieren. Dieser Prozess funktioniert jedoch nur, wenn das Gehirn bereits ein Grundwissen hat, das mit dem neuen Material kombiniert werden kann. Künstler, die die Grundlagen ihrer Disziplin beherrschen, verfügen beispielsweise über ein Wissensfundament, auf das Verbesserungen und Veränderungen aufgesetzt werden können. Ihr Fachwissen lässt diesen Prozess unbewusst ablaufen, so dass mehr Ressourcen für die Verarbeitung neuer Reize zur Verfügung stehen. Kreative Menschen haben außerdem einen relativ hohen IQ und die Fähigkeit, sofort wieder wach zu werden, wenn eine neue Idee ausgebrütet wird, um diese Idee einer strengen Prüfung und Kritik zu unterziehen. Ideen, die diesen zweiten, kreativen Denkprozess überleben, sind wahrscheinlich wertvoll und werden daher als wirklich neu bewertet.

Ideen müssen also erstmal „schweben“ können bevor sie laufen lernen. Eine schöne Verbildlichung des Themas wie ich finde.

Das Upgrade der Superkarft
Während der Recherche und der Erstellung des Artikels war mein Weltbild am wanken (Pathetik-Alarm hoch 1000). Ich war unzufrieden mit so manch erforschtem und niedergeschriebenem und trotz der Studien und der darin bewiesenen Fakten stellenweise anderer Ansicht.

Wenn demnach jeder kreativ sein kann, bzw. wenn in jedem ein kreatives Potenzial steckt und sei es noch so klein, ist Kreativität keine Superkraft mehr. Höchstens noch ein weiterer Song im Soundtrack des Lebens. Alternativ die Kirsche auf der Sahne, wenn man so will. Irgendwie traurig. Aber auch schön.

Meine Lösung ist simpel und ich bin guter Dinge, dass sich die neue Begrifflichkeit der Superpower für Kreativschaffende vielleicht irgendwann durchsetzt. Ich werde fortan das Wort „kreativ“ nicht mehr scharf eingrenzend und exklusiv in Verbindung mit Kreativberufen benutzen. Nennt euch also gerne „kreativ“ Inge, Hilde und Ingo, denn „small c creativity“ ist euer Ding.

Leute hingegen deren täglich Brot die Kreativität ist, die allumfassend kreativschaffend sind, ticken anders. Sie sind facettenreich und vielfältig wie die Kreativität selbst. Schillernde Freigeister, wagemutige TräumerInnen, ehrgeizige Visionäre, motivierte ImpulsgeberInnen, disziplinierte MacherInnen und schräge Paradiesvögel. Sie erschaffen, probieren (sich) aus, spinnen herum, haben Illusionen, können sich fallen- und einlassen. All jene sind kreaKtiv und ihre Superkraft ist die KreaKtivität.

Özer and out.