Das Jahr 2022

WACHSTUMSSCHMERZ

2022 war, wie schon lange nicht mehr, ein auf und ab der Gefühle. Abschiede, Begegnungen, Wachstum, Einsichten, Ärger, Finanzchaos, Veränderungen in Freundschaften, Trauer und Lebensfreude. (Lesezeit ca. 15 Minuten)


Schmerzhafte Abschiede

Oma
An einem Sonntag als ich mich abends noch an den Computer setzte um zu arbeiten, machte ich mir einen Tee und zündete mir zusätzlich noch eine Kerze an. Das mache ich nie. Kerzen anzünden, wenn ich arbeite. Mein Telefon klingelt. Meine Mutter erzählt mir, dass Oma am Nachmittag, zuhause und ohne Schmerzen friedlich einschlafen durfte. Sie war 94. Es ist der 20. November. Totensonntag. Gearbeitet habe ich an dem Tag nicht mehr. Ich puste die Kerze aus. Am Tag der Beerdigung ist der Himmel bewölkt. Es regnet aber nicht. Im Küchenradio meiner Eltern kommen ausschließlich emotionale Balladen. Es unterstreicht die traurige Atmosphäre. Als meine Eltern und ich am Friedhof ankommen kommen mir bereits die Tränen als ich das Kreuz mit dem Namen meiner Oma sehe. Charlotte Ermel. Und man merkt in so einem Moment, dass man dann, wenn es soweit ist, doch nicht so abgeklärt ist, wie man dachte. Die Trauerfeier war unglaublich traurig, alles in allem aber schnell vorbei. Oma hätte sie gefallen. Sie wird mir fehlen.

Wenn sich eine Freundschaft verändert
Eine Person zu verlieren, die zwar nicht aus dem Leben geschieden ist, der jedoch äußere Einflüsse den Charakter dermaßen verändert haben, dass es nichtmehr mit meinen Werten, meiner Moral und meiner Vorstellung eines harmonischen Miteinanders zu vereinbaren ist, war für mich mindestens genauso hart. Nach einem persönlichen Wiedersehen nach längerer Zeit, war die Person, die ich kannte weg. Optisch uns seelisch ein Wrack. Ein Schatten ihrer selbst. Ich habe getrauert. 2 Wochen im Stillen. Mich eingeigelt und meinen Fokus nur auf Sport und Arbeit gelegt. Die Monate davor habe ich per Telefon machtlos zugehört, wie sich die Person im Strudel der Probleme immer mehr nach unten zieht und im Selbstmitleid zerfließt. Machtlos unter anderem, weil lösungsorientierte Vorschläge abgeschmettert wurden. Immer wieder. Ich konnte und kann das nicht tragen. Die Person müsste selber handeln, anfangen die Wurzel des Problems zu bekämpfen. Ich denke oft an die Person, brauche aber Abstand, um mich nicht im Strudel nach unten ziehen zu lassen. Abstand, weil ich mir nicht mit ansehen kann, wie sich die Person herunterwirtschaftet. Ich denke oft an die Person und wünsche mir, dass sie aufwacht. Mittlerweile zeichnet sich allerdings eine Veränderung ab. Das letzte Aufeinandertreffen war positiv. Angenehm und vielversprechend. Ich hoffe sehr, dass es weiter bergauf geht. Ich vermisse meine Person.


Wachsen durch Veränderung und Reflektion
Kaum ein Jahr war in meiner persönlichen Entwicklung so wichtig und wertvoll wie 2022. Ich habe einen riesigen Sprung gemacht. Mich meinen Dämonen gestellt, bis ich den hässlichsten Fratzen ins Gesicht schauen konnte, um mich mit ihnen zu verbrüdern. Falsche Gedanken über gesellschaftliche Zwänge konnte ich wie alte Zöpfe abschneiden. Ich bin tiefer in die Themen Sport, Meditation, Achtsamkeit und Stoizismus eingetaucht und habe das Glück, die richtigen Leute meine Freunde nennen zu dürfen.

Dieses Jahr auf dem Taubertal-Festival, beim Konzert von Kontra K, bedankte sich der Rapper bei den Leuten die für ihn da sind und die ihn unterstützen. Das seien „seine Wölfe. Ich möchte das übernehmen, denn auch ich habe Wölfinnen und Wölfe an meiner Seite. Freunde die mich auffangen und für mich da sind. Die mich motivieren und strebsam sein lassen. Die mir zuhören, mir zustimmen wenn ich recht habe, mir widersprechen wenn ich falsch liege, die mir erzählen und mich lehren. Die Geschichten, Erfahrungen und Leidenschaften teilen wie freies Gut. Es sind längst keine Freundinnen und Freunde mehr. Es sind Schwestern und Brüder. Familie.

Ich bin glücklich. Ich bin zufrieden und ich bin vor allem dankbar für diese Menschen.


Umbau Finanzchaos
Ja, auch der Umbau war 2022 noch mal eine Herausforderung und zwar eine finanzielle. Eigentlich habe ich 2022 nur gearbeitet, um all meine Schulden begleichen zu können. Geld dass ich mir von Freunden und meinen Eltern leihen musste um alles fertigstellen zu können, mitunter 5-stellige Beträge. Die Freunde sind ausbezahlt, die Eltern noch nicht. Ich hab dieses Jahr noch viel vor, auch die Renovierung ist noch nicht ganz abgeschlossen, es fehlen noch ca. 7 % das wird 2023 noch erledigt. Ich schwöre es mir selbst.


K(l)eine Aufreger
Ich sag mir immer: „Wenn es mich in einem Jahr nicht mehr aufregt, rentiert es sich auch nicht, sich in dem Moment aufzuregen.“ – Hier zwei Aufreger-Geschichten, von jeder Sorte eine:

„... von “euch“ ... was?“
In einer Stuttgarter Café-Bar, die ich gerne morgens oder nachmittags aufsuche, gibt es wochenends ab einer bestimmten Uhrzeit Türsteher zur Einlasskontrolle bezüglich des Barbetriebs. Ich war mit ein paar Leuten dort verabredet, schon spät dran und hatte einen dementsprechenden Stechschritt drauf. Am Tag davor war ich beim Barbier. Mein Buzz Cut, den ich aktuell trage, war frisch geschoren, mein Bart war kantig mit scharfen Konturen. Zudem trug ich meine liebste Jacke, aus Leder. Was ich damit sagen möchte, allein durch die Frisur und den frisch gestutzten Bart sah man mir meine türkischen Wurzeln an diesem Tag sicher an. Als ich auf die beiden Türsteher zueile, muss ich vielleicht bedrohlich gewirkt haben. Der eine von beiden hält mich mit den Worten auf: „Wo wollen wir denn so eilig hin?“. Da hätte ich eigentlich schon wieder umdrehen und gehen sollen. Stattdessen sage ich freundlich, dass ich mit Freunden hier verabredet bin. Er kontert mit: „Aha ...“ mustert mich von oben bis unten und fragt: „... sind die schon hier?“ worauf ich antworte, dass ich es nicht weiß, weil ich ja gerade erst angekommen bin. Seine darauffolgende Frage macht mich bis heute wütend: „Kommen da noch mehr .... von “euch“?“ Anstatt mit scharfem Ton zu kontern: „... von “euch“ ... was?“, war ich perplex und schaute ihn mit großen Augen wie ein Lamm auf der Schlachtbank an während ich stammelnd wiederholte, dass ich es nicht weiß, weil ich ja gerade erst angekommen bin. Sein Kollege winkte mich daraufhin versöhnlich durch und gab dem Schikane-Pförtner damit hoffentlich zu verstehen, dass er mich eventuell fehleingeschätzt hat (was auch immer er dachte, das ich vorhabe), was eigentlich schon klar war, als ich meinen Mund geöffnet hatte und mein Dialekt ans Tageslicht kam. Fuck. Während ich diese Zeilen schreibe ärgere ich mich immer noch über den leider nicht seltenen Alltagsrassismus, der mich schon seit jeher begleitet. Aber vor allem ärgere ich mich über mein rückgratloses Verhalten, gegenüber dieses Bastards. Der übrigens für Gastarbeiter-Söhne (wie mich) arbeitet, in dem er dort an der Tür steht und Leute mit Migrationshintergrund aussortiert – in einer normalen Café-Bar. Und das ganze geht noch weiter. Ich bin sogar so absurd bestechlich, dass ich morgens oder nachmittags weiterhin dort ein- und ausgehe. Der Kaffee und das Pastrami Sandwich sind dort einfach echt gut. Aber eigentlich sollte ich dort nichts mehr konsumieren. Nicht nach dieser Aktion. Die nächste Verleihung des „Goldenen Depps“ habe ich schon so gut wie gewonnen.

Keine Zeit für Urlaub
Das war so nervig, als sie dieses Jahr alle mit ihren erholten Gesichtsausdrücken und den braunen Körpern vom Sommerurlaub erzählten, während man selbst mit Augenringen und Alabasterhaut superdurch, verbraucht und abgearbeitet war und genau wusste, dass es wohl keine ähnlich erholsame Auszeit geben wird. Schon gar kein Fernreiseziel. Auch nicht dieses Jahr übrigens. Und trotzdem hab ich mich für alle Urlauber/-innen gefreut, nachgefragt und mir gleichzeitig Ideen geholt. An einem Spätsommertag habe ich satt mich über den eigenen Zeit- und Geldmangel aufzuregen, angefangen von meiner perfekten Weltreise zu träumen – im Workation-Style – weil: wer soll das bezahlen? Ab Frankfurt nach New Orleans, dann zum Grand Canyon und zum Antelope Canyon, von dort nach Las Vegas und anschließend nach Los Angeles. Weiter über Hawaii nach Japan und von dort aus zurück nach Deutschland. Ob das jemals stattfinden wird ist fraglich, weil: Wer soll das bezahlen? Hatte ich erwähnt, dass diese Reise so geplant war, dass wenn ich Ende März losfliegen würde, ich an jedem Ort, unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer, die beste Reisezeit vorfände und genau zur Kirschblütenzeit in Japan ankäme? Isso. Und die Reiserichtung ist auch kein Zufall, in diese Richtung hat man nämlich viel weniger Jetlag – schon gut, oder? Man wird ja wohl noch träumen dürfen ...


Kurze Auszeiten
Statt eines Fernreiseziels hatte ich kürzere Trips auf der Agenda. Flachau, Paris, Utrecht und Hamburg fütterten mich mit schönen Momenten und sorgten für Quality Time mit wohltuenden Menschen. In Flachau sind wir schon über eine Dekade jährlich einmal zum Snowboarden. Man kennt die Pisten, die Hütten und auch die Wirte. Es ist irgendwie immer wie heimkommen und dieser Ausflug steht natürlich auch wieder dieses Jahr an. Anfang Februar ist es wieder so weit und ich kann es kaum erwarten.

Den Artikel über mein Wochenende in Paris könnt ihr im Monatsrückblick Oktober bis Dezember 2022 nachlesen.

Und der Ausflug nach Utrecht war mindestens so spontan wie überraschend: Deborah hatte noch Urlaub übrig. Marcel, Gabriel und ich ebenfalls. Julian, ein gemeinsamer Freund, arbeitet mittlerweile an der Uni in Utrecht. Nach einem kurzen Telefonat mit ihm war klar: Das Datum passt und seine Wohnung bietet genug Platz zum übernachten. Keine 3 Wochen später saßen wir im Auto nach Utrecht. Das hatte ich nicht erwartet – was für eine schöne kleine Stadt mit Ziegelsteingebäuden, Krachten und hervorragender Gastronomie. Ein kleines Amsterdam. Richtig schön, jederzeit wieder. Hier ein paar Eindrücke von Utrecht:


Konzertjahr 2022 – das Beste Konzert des Jahres
Ich war dieses Jahr auf 24 Konzerten, mein absoluter Rekord (exkl. der Vorbands und der Taubertal-Festival-Konzerte):
The Ponycars, Tristan, Ray Wilson, Brian Fallon, Max Raabe, Schmutzki, Beatsteaks, Antiheld, Alicia Keys, The Killers, Lady Gaga, Ed Sheeran, Sum 41, Peter Bence, Jeremy Loops, Jules Ahoi, Danger Dan, Miss Allie, Swiss und die Andern (2 x), Zoe Wees, Liedfett, Ferdinand fka Left Boy und Die Musik von Hans Zimmer. Meine gesammelten Resümees der Konzerte sind nachzulesen in den letzten Monatsrückblicken (im Ranking zum Teil verlinkt). Aber welches war das beste Konzert 2022? Eigentlich würde ich sagen, dass es AnnenMayKantereit auf dem Taubertal gerissen haben. Beim Song „Ozean“ kamen mir die Tränen – sehr emotional und ganz große Musik. Da ich aber das Festival bei der Aufzählung oben ausgeklammert habe, ist hier mein Top-5-Ranking der Konzerte 2022:


Was ich vor meinem 40. noch abhaken möchte
Vor runden Geburtstagen setze ich mir immer Ziele was ich vorher unbedingt noch machen möchte. Vor meinem 30. wollte ich zum Beispiel auf jeden Fall nochmal vom 10 Meter-Turm im Freibad springen. Und obwohl ich beim Canyoning schon ungefähr von der gleichen Höhe gesprungen bin, war das damals schon eine große Herausforderung für mich, die aber natürlich so machbar war, das ich nur schwer hätte versagen können. Das kommende Halbjahr wird dann schon etwas intensiver, denn ich habe ausschließlich sportliche Ziele: Einen Handstand mehrere Sekunden stehen können, Muscle-ups beherrschen und „ripped“ sein. Bei letzterem hilft mir Steffi Hübner von Athletik Rebell mit ihrem 12 Wochen Body Comp Programm. Es beinhaltet 3 Hautfaltenmessungen, Trainings- sowie Ernährungspläne. Über das Programm werde ich im kommenden Monatsrückblick ausführlich berichten.


Weihnachtsmailing 2022
In Kooperation mit Michael Chis von SHAKEN STIRRED entstand das Bislang aufwändigste Weihnachtsmailing für meine Kundschaft und meine Gechäftspartner/-innen. Das Logo von SHAKEN STIRRED habe ich bereits im Rückblick Mai–August 2022 vorgestellt, nun ist es Zeit das AUSLÖZER-Endjahresgeschenk von 2022 zu zeigen. Michael fertigte 2 haltbare Cocktails und füllte sie ab. Einen milchgeklärten Amaretto Sour und seine Eigenkreation den Vio Verde, bei dem meine Freunde und ich bei der Namensfindung beteiligt waren (eines meienr Highlights 2021). Das Design und das Packaging waren meine Parts bei der Erstellung der insgesamt 125 Mailings. Die Resonanz zu den Drinks war bislang ausschließlich positiv. Wer die Drinks ebenfalls probieren möchte, kann zum einen den SHAKEN STIRRED Cocktail Catering Service in Anspruch nehmen, oder alternativ von Mittwoch bis Samstag Michael in der Lennart Bar einen Besuch abstatten – richtet ihm gerne einen Gruß von mir aus, wenn ich nicht sowieso am Tresen sitze. Nachfolgend die Inlays (das Anschreiben und die Trinkanleitungen) sowie die fertig konfektionierten Päckchen.

Ausblick 2023
Über folgende Themen berichte ich im Jahresrückblick 2023:

  • Meinen Urlaub (wenn es einen gibt)
  • Meinen vierzigsten Geburtstag (wenn ich ihn feiere)
  • Meinen Traum (wenn ich ihn verwirkliche)